top of page
Cover_DasVergessen.jpg

Leseprobe

Wer nicht muss, geht um die Mittagszeit nicht auf die Strasse. Selbst die Hochhäuser im modernen Stadtteil Baitilla werfen kaum Schatten. Die Luft steht zwischen Stahlträgern und Glasfassaden und wird vom glühenden Asphalt aufgekocht. Bei dieser Hitze verzichtet Markus darauf, durch die Strassen zu schlendern oder einen Abstecher nach Panama Viejo zu machen. Er schnappt sich ein Taxi, lässt die laute Salsamusik aus dem Autoradio über sich ergehen und beobachtet die sich im Takt rhythmisch bewegenden Schultern des Fahrers. Beim nächsten Lied dreht der Mann das Radio noch lauter und singt krächzend mit. Der ganze Oberkörper tanzt, das Auto beginnt seitlich zu schaukeln.

„Americano?“

Markus wirft einen Blick in die fröhlich leuchtenden Augen im Rückspiegel, schüttelt den Kopf und badet auf dem Kunststoffrücksitz des unklimatisierten Wagens im eigenen Schweiss.

„Panama, nice country, very nice! You’re from Germany?“

Sehe ich so aus, denkt Markus, beschliesst aber dem Ratespiel ein Ende zu setzen.

„Switzerland.“

Der Fahrer dreht das Radio eine Spur leiser, die Schultern verharren im Stillstand.

„Ah Suiza, nice country too. Very rich, but very, very cold.“

Dabei wendet sich der Fahrer zu ihm und verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. Markus ringt sich ein müdes Lächeln ab und wünscht, es wäre gerade jetzt sehr, sehr kalt.

„You’re tourist, eh? Swiss tourist are very nice. Always give good tip.“

Womit das auch geklärt wäre.

„You must visit parco nacional, very nice. Many animals, beautiful trees. But goverment want to build road. Not good for nature. People fight against road. I fight too!“

Markus wird hellwach.

„You fight against the Panamericana?“

„Sure! Always loud but peacefull.“

„You know Suizo?“

„Ah! Suizo. Yes, yes, very nice man. Your friend?“

„You know, where I can find him?“

„No, no, no! Only know from newspaper. Very nice man, fighting against the road. He comes, fights and disappears.“

Markus gibt auf, wieder eine Sackgasse, wieder nichts Brauchbares. Nicht ohne beim Bezahlen das Bild des netten Schweizer Touristen zu zementieren, steigt er vor dem Hotel aus und winkt dem Taxifahrer nach.

bottom of page